Der andere Blick

Donnerstag bis Samstag

Warum entsteht in Stans Mitte der 1990er Jahre ein Jazz- und «World Music»-Festival? Was ist das überhaupt, «World Music»? Hat das etwas mit dem europäischen Kolonialismus zu tun? Und welche Rolle spielte Nidwalden hierbei? Mit der Veranstaltungsreihe «Der andere Blick» machen sich die Stanser Musiktage auf die Suche nach möglichen Antworten auf diese Fragen und nach (post)kolonialen Spuren im Dorf.

Buchvernissage Oliva Abächerli «Ibu Silla»
Louis Wyrsch, auch «Borneo Louis» genannt, stand rund 20 Jahre in holländischen Diensten. Ab 1816 war er auf Borneo stationiert und kehrte 1832 in die Schweiz zurück, zusammen mit zwei seiner Kinder, einem Sohn und einer Tochter. Der Sohn, Alois Wyrsch, wurde 1860 der erste Schweizer Nationalrat of Color. Die Mutter – Ibu Silla, Johanna oder Belle genannt – wurde zurückgelassen oder kam nie in der Schweiz an. Alle Stellen in den Tagebüchern von Wyrsch, an denen Ibu Silla erwähnt wird, sind zensiert, ausgeschnitten oder geschwärzt, wahrscheinlich von ihm selbst. Über die Gründe für die Zensur lässt sich nur spekulieren. In ihrem Buch «Ibu Silla» (Edition Fink, Zürich 2023) hebt die Künstlerin Olivia Abächerli diese Lücken hervor, indem sie über mögliche Biografien von Ibu Silla spekuliert und zeichnet koloniale Linien in der Geschichte der Zentralschweiz nach.
An der Buchvernissage wird Olivia Abächerli live zeichnen während Eglė Šalkauskyte aus dem Buch vorlesen wird.

Donnerstag | 18.00 Uhr | Chäslager

Vortrag mit dem Historischen Verein Nidwalden
"Kleine Gäste aus der Ferne"? Katholische Mission und die Zentralschweizer Fasnacht

In den 1950er- und 1960er-Jahren verkleideten sich die Zentralschweizer Kinder an der Fasnacht regelmässig als „Afrikanerli“, „Japanerli“ oder „Chinesli“. So zogen sie von Haus zu Haus, um Spendengelder für die Mission zu sammeln. Ins Leben gerufen wurde der Brauch von der katholischen Kirche, um den – aus ihrer Sicht – sündhaften Klamauk durch ein sinnvolles Programm zu begleiten. Die Historikerinnen Simone Rees und Barbara Miller haben das Phänomen erforscht. Sie zeigen in ihrem Vortrag, wie die Spendensammlungen Selbst- und Fremdbilder in der Schweiz geprägt haben, welche Rolle dabei die internationale Kolonialkultur spielte und wie dies teilweise bis heute nachklingt.

Freitag | 18.00 Uhr | Aula Kollegium St. Fidelis (ACHTUNG: auf dem Flyer steht, dass die Veranstaltung im Kulturraum Von Matt stattfindet. Neue Locations ist aber die Aula)

Podium «Der andere Blick»
Mit Personen aus der Praxis und der Wissenschaft diskutieren die Stanser Musiktage über Hürden, welche sich im künstlerischen und kulturellen Umfeld stellen, wenn Musikschaffen aus verschiedenen Regionen zusammenkommt. Wer trägt was zum Endprodukt bei? Wer profitiert von "World Music"? Wo bestehen Machthierarchien? Und wie kann man diese Abbauen?
Am Podiumsgespräch nehmen Lea Hagmann, Musikjournalistin und Musikwissenschaftlerin an der Universität Bern, und Roberto Haçaturyan, Radiomoderator, Musiker und Mitarbeiter bei Artlink - SüdKulturFonds, teil.

Samstag | 17.00 Uhr | Klostersaal