Intergalaktischsch …

Ein Besuch bei den wummernden Proben im Weidli mit der Luzerner Band Blind Butcher.

Die Kostümprobe steht noch bevor, die Aufregung steigt. Am Freitag spielen Blind Butcher mit fünf Musikerinnen und Musiker der Stiftung Weidli im Theater an der Mürg. Was steht bis dann noch an? Ein Besuch bei den Proben in der Werkstatt der Stiftung Weidli, die beeinträchtige Personen in ihrem Alltag begleitet.

Von Nina Laky

Durch die gläsernen Gucklöcher an der Tür klingt ein Sound der zischt, schwirrt, surrt und stampft. Eine Mischung aus Disco, Punk, Wave und Rock. Im Proberaum wiederholt die Band Strophen und diskutiert Übergange. Bei einem Song steht die Frage «Wann kommt hier der Bass?» noch aus, man ist sich nicht ganz einig. Macht nichts! Weiter geht’s in hohem Tempo: «Machen wir noch ein bisschen Techno?»

Bald führen Blind Butcher ihr Konzert unter dem Titel «Blind Butcher presents: The Intergalactics» im Theater an der Mürg auf. Christian Aregger und Roland Bucher proben seit Januar zusammen mit Daniel Murer, Ueli Weber, Nora Gander, Kevin Schaumlechner und Elvira Waser von der Weidliband. Zwei bis dreimal in der Woche haben sie sich im Weidli in Stans getroffen.

Es ist ein Experiment im Rahmen des Projekts SMT-Inklusiv. Mit diesem wollen die Stanser Musiktage insbesondere Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen mehr ins Festival einbinden. Exklusiv entstand so dieses Musikprojekt.

Um halb 12 macht die Band Mittagspause. Man wünscht sich guten Appetit. Roland Bucher und Christian Aregger stehen im Halbschatten auf der kleinen Terrasse. Sie sind langsam ein bisschen aufgeregt, sogar Albträume gab es in den letzten Tagen.

Die Proben neigen sich langsam dem Ende zu, in wenigen Tagen ist die Uraufführung im Theater an der Mürg. Was müsst ihr jetzt noch alles tun?

Roland: Wir haben jetzt angefangen, den Ablauf zu üben. Logistische Diskussionen: Wer läuft bei welchem Songwechsel wohin? Da kamen viele neue Fragen auf, die mit der Musik gar nicht viel zu tun haben. Es ist aber interessant, mit diesen Wegen kann man nämlich auch spielen …

Ihr spielt mit Nora, Kevin, Elvira, Daniel und Ueli eure Songs von Blind Butcher. Sie spielen sonst eigentlich in der Weidli Band, die eher im Pop heimisch ist. Gab es da keine Diskussionen betreffend Genre?

Christian: Nein, unsere Songs sind ganz gut angekommen, von Anfang an waren alle ziemlich happy. Der Song «Rats & Rabbits» mögen alle sehr. Normalerweise spielen Daniel, Ueli, Nora, Kevin und Elvira Trommeln, Schweizerörgeli und singen. Wir wollten bewusst weg von diesem Klangbild.

Roland: Wir haben uns viel Zeit genommen, zum gemeinsamen Jammen oder Christian und ich haben einfach einen Song gespielt und geschaut, was passiert. Am Anfang haben wir viel gesucht! Ausgewählt haben wir, als wir gesehen haben, welche Person zu welchem Instrument den besten Zugang hat. Wir suchten die Songs aus, die zwischen uns zu möglichst viel Interaktion führen.

Ihr spielt am Freitag vor einem aufwendigen Bühnenbild und trägt Space-Kostüme. War das auch von Anfang an die Idee?

Christian: Ja, die hatten wir schon zu Beginn. Das Thema gibt uns viel Freiheiten. Im Nachhinein haben wir dann rausgefunden, dass das relativ häufig verwendet wird. Ja … dass hat uns dann schon ein bisschen angeschissen, aber jetzt ist es egal.

Wie geht es Euch so kurz vor dem Auftritt? 

Roland: Ja, aufgeregt … (zittert mit den Händen) ! Es passieren immer wieder andere Sachen, alles ist einfach unberechenbar.

Christian: Ich habe das Gefühl, es kommt super! Aber vorgestern hatte ich einen Albtraum von einer Schlagzeile. Da stand: «Viel Rauch um Nichts!»

Roland: Haha! Für einen Verriss wäre das aber eine gute Schlagzeile!

Christian: Eigentlich schon, ja. Aber nein, ich habe wirklich ein gutes Gefühl.

Ihr lässt euch seit Januar ziemlich intensiv auf das Projekt ein. Was hat das bei euch selbst ausgelöst?

Christian: Menschlich ist viel passiert. Wir probieren einfach, so cool wie möglich zu bleiben. Gleichzeitig ist es schön, dass wir ausprobieren mussten. Was für Instrumente ergeben welche Musik und in welcher Kombination entsteht was Cooles. Wir haben viele neue Details gefunden. Ein guter Grund, das nächste Mal anders an Musik ranzugehen. Zum Beispiel nicht nur von den konventionellen Instrumenten ausgehen. 

Roland: Darum spielen wir auf vielen elektronischen Effekt-Geräten und haben uns gemeinsam da dran gewagt.

Was passiert nach dem Auftritt? Das ist ja das Ende der Band …

Roland: Ja, das ist so. Aber das wussten wir ja auch. So ein Projekt muss ziemlich gut in den Zeitplan passen, das geht einfach nicht immer.

Christian: Es ist eine einmalige Sache und das finde ich auch gut. Je nachdem kann man das ja auch nochmals anschauen. Aber es ist wirklich ein bisschen schade, ist es so zack … und fertig.

 

Auf www.stansermusiktage.ch gibt es jeden Tag einen Beitrag rund um’s Festivalgeschehen – Interviews mit Verantwortlichen, Gästen und mehr Infos zu Projekten der Stanser Musiktage. Plus: In unserer täglichen Mini-Rubrik gehen wir jeweils fünf wichtigen Stichwörtern nach. Was hört, sieht, fühlt, isst und trinkt man an den SMT?

Gefühlt: Extraterrestrisch

Getrunken: OMO mit Schuss

Gegessen: Mexikanischer Eintopf mit Schoggi

Gesehen: Teil-Teamausflug der Polizei. Sie trinkt nach Feierabend gerne Rotwein, macht Selfies und schnupft Tabak. 

Gehört: In der Kapelle im Klosterkeller den Mendelssohn «Wedding March» in einer Raggaeton-Version, dazu mehrere laute Ja-Worte.